Fast? Es ist seine Art, die Erzählung von der Pandemie zu retten, indem er vermeintliche Schwächen beim Management kritisiert, ohne wirklich jemandem weh zu tun oder diesen verantwortlich zu machen. Dennoch gelingen Streeck ein paar Gedanken, die Gläubige vielleicht nachdenklich machen.
Einige seiner Thesen:
»… Streeck: Obwohl Schweden insbesondere anfänglich schwere Fehler gemacht hat, zum Beispiel wenn es um den Schutz der älteren Bevölkerung geht, muss man am Ende feststellen: Schweden hat es geschafft, dass sich die Gesellschaft untergehakt und die Krise gemeinsam bewältigt hat. Es geht hier bei der Frage nach den Lehren aus der Pandemie um eine ganzheitliche Betrachtung.
Mit weniger Streit?
Streeck: Ja, und größerer Offenheit; wir hier haben uns zu lange zu sehr auf eine einzige wissenschaftliche Perspektive gestützt. Eine Pandemie ist nicht nur die Summe ihrer Infektionen, sondern eine medizinische, politische und gesellschaftliche Herausforderung, in der wir Wirkungen und Nebenwirkungen unseres Handelns besser diskutieren müssen…
Es ging schnell mehr um Gut und Böse als um die Suche nach dem richtigen Weg. Das nahm teils fast intolerante Züge an, es herrschte die Totalität eines einzigen Arguments statt Diskurs. Und dabei merkte man viel zu spät: Richtiger Umgang mit Corona ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, der längst nicht nur virologische Aspekte hat. Da fehlten die facettenreichen Stimmen vieler Fachleute, die am Ende doch alle das gleiche Ziel hatten…
Ab wann hätte man es besser wissen können?
Streeck: Etwa seit Mitte April 2020 verstanden wir Corona in groben Zügen.
So früh schon?
Streeck: Ab da war unter anderem schon klar, dass sich die Corona-Verbreitung saisonal abschwächen würde …
… weil’s im Frühling eben wärmer wurde?
Streeck: Genau! Es war aber eine Zeit, in der es viele alarmistische Stimmen gab, die die Idee einer Null-Inzidenz-Strategie verfolgten. Das Kanzleramt hatte eine ähnliche, sehr strikte Linie verfolgt…
Täuscht unser Eindruck, oder bröckelt in Fachkreisen mittlerweile sogar das Vertrauen in die Impfstoffe?
Streeck: Sagen wir mal so: Von den anfänglichen Annahmen, was die Stoffe leisten können, hat sich nicht alles bewahrheitet.
Von wem stammten die Versprechungen?
Streeck: Teils von der Industrie, teils aus der Politik. Der Fehler in der Kommunikation war zum Beispiel die Behauptung, dass die Impfung höhere Immunität liefern würde als eine normale Infektion. Das ist fachlich falsch, wie wir wissen. Aber auch der hervorragende Schutz einer Impfung vor einer Infektion wurde anfangs hervorgehoben, obwohl die klinische Prüfung der Impfstoffe gar nicht darauf ausgelegt war…
War der erbitterte Streit um eine Impfpflicht also völlig unnötig?
Streeck: Ich war im Fall von Corona immer gegen eine Impfpflicht. Bei einem Virus, das sich nicht ausrotten lässt, kann eine derartige Maßnahme gar nicht zur Debatte stehen. Die Auseinandersetzungen darum haben zu gesellschaftlichen Verwerfungen und Spaltungen geführt, die noch lange nachwirken werden. Nicht nur wegen Beschimpfungen wie der angeblichen Tyrannei der Ungeimpften. Dabei war schnell klar, dass die Impfung als Fremdschutz nicht gut taugt…
Bis heute verwirrt die Bundesbürger auch, dass immer nur von „mit oder an Corona“ Gestorbenen die Rede war. Hat das nicht alle Statistiken aufgebläht?
Streeck: Ein eklatanter Fehler war sicher, dass anfangs gar keine Autopsien zugelassen wurden. Medizin bedeutet auch, dass wir von den Toten lernen…
Immerhin hat die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensivund Notfallmedizin (DIVI) eine Zeitlang vor überlasteten Intensivstationen gewarnt.
Streeck: Und nicht nur ich dachte: Wenn die Intensivmediziner Alarm schlagen, dass die Krankenhäuser an ihre Kapazitätsgrenzen kommen, dann muss man das glauben. Mittlerweile sollte man in Ruhe einmal draufschauen, warum hier so eine Diskrepanz zu sehen war zwischen der tatsächlichen Corona-Belegung und den zum Teil erheblichen Warnrufen. Die Belegungsstatistiken lassen jedenfalls nicht mehr den Schluss zu, dass wir vor einem Chaos standen, das auf Covid zurückzuführen war…«
Das Gesundheitsministerium hält das "Spiegel"-Interview für so bedeutsam, daß es aus der dortigen Bezahlschranke geholt wird. Wir lesen also kostenlos:
»… Die wissenschaftliche Frage, die damals im Vordergrund stand, war ja: Sind Kinder ansteckend oder nicht? Ich hatte die damaligen Studien immer so gelesen, dass Kinder genauso ansteckend sind wie Erwachsene. Und das war auch die Position von Herrn Drosten. Ich wusste das, weil wir zwei damals in Kontakt standen, wir hatten die gleichen Studien gelesen. Von daher war ich von Anfang an auch für die Schulschließungen – obwohl meine eigene Tochter davon betroffen war…«„»Ich wusste das, weil wir zwei damals in Kontakt standen, wir hatten die gleichen Studien gelesen«“ weiterlesen
"Circulating spike protein may contribute to myocarditis after COVID-19 vaccination", so lautet die Überschrift zu einem "Research Highlight" auf nature.com am 8.2.23. Es heißt dort – und eine weitere Verschwörungstheorie wird wahr –:
»Die rasche Entwicklung und Notfallzulassung von mRNA-basierten Impfstoffen hat sich als entscheidend für die Verringerung der Krankheitsschwere und der Sterblichkeit bei SARS-CoV-2-Infektionen erwiesen. Die Impfstoffe bestehen aus liposomal geschützten mRNA-Transkripten, die für das SARS-Cov-2-Spike-Protein kodieren – das Protein, das den Eintritt des Virus in die Wirtszellen über den Rezeptor ACE2 (Angiotensin-converting enzyme 2) vermittelt. In seltenen Fällen (etwa 2 von 100.000) entwickeln Menschen nach der Impfung eine Myokarditis; die Häufigkeit ist bei jungen männlichen Patienten relativ hoch. „»Vorhandensein einer überraschend hohen Menge an ungebundenem Spike-Protein in voller Länge, das bis zu drei Wochen nach der Impfung nachweisbar blieb«“ weiterlesen
O‑Ton Lauterbach (s. Keine Lanze mehr für Lauterbach), womit er nicht dies meint. Das war für ihn im Oktober 2021 "Stand der Wissenschaft", verkörpert durch Christian Drosten und Christian Drosten:
Welche Medien haben das damals in Frage gestellt oder gar einen "Faktencheck" durchgeführt?
»"Klar ist aber, dass die meisten Ungeimpften von heute bis dahin entweder geimpft, genesen oder leider verstorben sind, denn das Infektionsgeschehen mit schweren Verläufen betrifft vor allem Impfverweigerer", sagte der SPD-Politiker.«
Es findet statt ab 14 Uhr im Restaurant Pizzeria Gwuni Mopera, Sternwartenstraße 4–6, Tram Haltestelle Wilhelm Leuschner Platz. Man muss am Haus durch die Toreinfahrt durch und im Innenhof geht es linkerhand ein paar Stufen über die Außentreppe rauf. Wir werden dort bis 17/18 Uhr sitzen können.
Über das hoffentlich etwas größere Abschlußtreffen von corodok am 1.4. in Berlin folgen Infos (ist auch wetterabhängig).
Update: Ein Leser bietet eine Mitfahrgelegenheit aus Bayern (82538) für den Samstag an. Bei Interesse stelle ich gerne den Kontakt her über info@corodok.de.
»Frisches Kapital für CureVac Der Tübinger Impfstoff-Entwickler CureVac hat 250 Millionen Dollar frisches Kapital eingesammelt. Die Investmentbanken Goldman Sachs, Jefferies und SVB Securities brachten 27 Millionen Stammaktien für je 9,25 Dollar bei Investoren unter, wie das Unternehmen am Abend mitteilte. CureVac hatte die Entwicklung seines Corona-Impfstoffs gestoppt, nachdem das Vakzin nicht so gut wirkte wie erhofft. Für einen COVID-19-Impfstoff der zweiten Generation und ein Grippe-Vakzin auf mRNA-Basis hatte das Biotech-Unternehmen zuletzt aber ermutigende Studienergebnisse vorgelegt.« swr.de (11.2.23)
Nur noch bis Ende März ist Lothar Wieler im Amt, und schon machen solche schwurblerischen Schlagzeilen die Runde: "RKI zu Omikron-Varianten: Corona-Symptome schwerer von Grippe zu unterscheiden". So oder ähnlich wie hier auf stuttgarter-zeitung.de titeln am 11.2.23 viele Medien. Sie berufen sich auf dpa und die Agentur wiederum auf einen Artikel auf aerzteblatt.de vom 10.2. Hier endlich wird die Kurzmitteilung nicht des RKI, aber doch von sechs MitarbeiterInnen der dortigen Abteilung für Infektionsepidemiologie vorgestellt. Sie trägt den Titel "Änderung des COVID-Symptomprofils während der Coronapandemie". Interessant daran sind weniger die banalen Erkenntnisse: „Wieler hat den Laden nicht mehr im Griff. Nur ein Viertel der "Fälle" symptomatisch“ weiterlesen