Evangelische Kirche in Mitteldeutschland "verfolgt Aktivitäten des Querdenker-Pfarrers aufmerksam"

Das meldet unter der Überschrift "Von Thüringen nach Sachsen-Anhalt: Querdenker-Pfarrer übernimmt neue Kirchgemeinde" mdr.de am 29.10.23. Die Jahreszahl stimmt tatsächlich. Werden ihm rechtsextremistische, ausländerfeindliche, gar antisemitische Äußerungen vorgeworfen? Nichts Derartiges ist zu lesen. Aber er hat schlechten Umgang:

»...Während der Covid-Pandemie hatte er viel Kritik auf sich gezogen und Rückhalt in der Pfarrschaft und der EKM verloren. Er hatte sich öffentlich gegen staatliche und kirchliche Infektionsschutzregeln positioniert, unter anderem mit offenen Briefen. Auch stellte er sich gegen das EKM-Kirchenparlament, das Impfen zur Pandemiebekämpfung in einem Beschluss mehrheitlich als "aktive christliche Nächstenliebe" bezeichnet hatte.

Am 5. Dezember 2021 hatte Michaelis in Sonneberg während einer damals unzulässigen Demonstration gesprochen, bei der kaum einer der rund 1.000 Teilnehmer eine Schutzmaske getragen hatte. Auch hatte es keine Absprache mit regionalen Kirchenvertretern gegeben, die einen Auftritt zuvor abgelehnt hatten.«

Garniert wird die Darstellung mit einem Foto, das – schließlich sind wir in Sonneberg – an den Ku-Klux-Klan denken läßt:

Man hätte auch dieses von insuedthueringen.de, bringen können, wo die Rede in Auszügen wiedergegeben wird:

Der mdr zitiert den Pfarrer so:

»Auch ein Disziplinarverfahren der EKM habe keine Verfehlungen festgestellt. Die EKM bestätigte die Einstellung eines Disziplinarverfahrens, ohne Ergebnisse zu nennen.«

Ich bin in Neusprech nicht sehr bewandert. Aber ist die Einstellung eines Verfahrens nicht irgendwie doch ein Ergebnis? Daß Michaelis prinzipiell nicht zu trauen ist, wird vom mdr so nahegelegt: Er ist

»... beim "Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte" (KRiStA) beratend aktiv.

Die Vereinigungen sind der Querdenker-Szene zuzuordnen und haben immer wieder Verschwörungmythen und wissenschaftlich nicht gestützte Behauptungen verbreitet. Mitgründer von KRiStA ist der Weimarer Familienrichter, der, ohne zuständig zu sein, die Maskenpflicht an zwei Weimarer Schulen hatte aufheben wollen und deshalb wegen Rechtsbeugung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

EKM verfolgt Aktivitäten der Pfarrer aufmerksam

EKM-Personaldezernent Michael Lehmann sagte MDR THÜRINGEN: "Die Auftritte und Wortmeldungen von Martin Michaelis haben in unserer Kirche Irritationen, aber keine Unruhe ausgelöst".

Zudem verweist Lehmann auf das Pfarrdienstgesetz: "Pfarrerinnen und Pfarrer haben folglich alles zu unterlassen, was den Zusammenhalt innerhalb der Kirche oder den Dienst anderer Pfarrerinnen und Pfarrer erschweren kann. Daran ist auch Pfarrer Martin Michaelis gebunden. Das Landeskirchenamt als personalführende Stelle verfolgt die Aktivitäten von Pfarrer Martin Michaelis wie die aller Pfarrerinnen und Pfarrer in der EKM aufmerksam." Und weiter: "Kritische Anfragen, die die EKM erreichen, sind uns Anlass zum Gespräch."...«


Nicht zu unterlassen waren nach dieser Lesart Propagandaansprachen wie diese einer evangelischen Rundfunkpfarrerin ("Gott hat uns die Impfstoffe geschenkt"): Es geht um dieses Video, ein halbes Jahr vor der Demo:

Näheres dazu in

Der liebe Gott: Lassen Sie sich impfen

Zugegeben, das war die andere Fraktion:

„Akt der Liebe“ Papst ruft zum Impfen gegen Covid-19 auf

Das wiederum kam von den irrtümlich Prostanten genannten EKD-Oberen; zum Ausgleich mußte die Dame "zwei Oster-Gottesdienste wegen einer Corona-Infektion absagen":

welt.de (22.12.21)

Käßmann: Recht auf so ein Weihnachtsfest gibt es nicht

Auch das war noch vor der Demo:

Kirche darf kein “Hort von Impfskeptikern” werden

Noch im August 2022 war zu lesen:

nw.de (25.8.22)

Mehr über die die diakonischen "Von Bodelschwinghschen Stiftungen" und ihre dunkle Geschichte gibt es in Bethels Corona-Gewinne, das Bekenntnis zur "Impf"-Pflicht und ein wenig Geschichte.

Ganz früh waren Einrichtungen der Diakonie schon so aktiv:

Diakonie: Nase vorn beim Wegsperren von Kindern

Und dann gab es natürlich das:

n-tv.de/panorama (19.11.21)

Wobei nicht alle so verfuhren wie die Evangelische Kirche in Westfalen:

» "Die Empfehlung der Landeskirche für die Heiligabend- und Weihnachtsgottesdienste ist 2G", sagt eine Sprecherin der Evangelischen Kirche von Westfalen. Auch mit Test kommt ein Ungeimpfter hier also nicht in den Gottesdienst.«


Zurück zum mdr. Er berichtet, mit welcher Verve sich die Kirchenoberen dem Vakzinismus verpflichtet fühlen:

»Dass Martin Michaelis das Vertrauen der Pfarrschaft verloren hatte, zeigte sich im April 2022, als die Mitgliederversammlung ihn mit deutlicher Mehrheit als Vorsitzenden der Berufsvereinigung abwählte. Bis dahin war Martin Michaelis seit 2003 von den Pfarrern immer wieder zum Vorsitzenden des Thüringer Pfarrvereins gewählt worden...

Pfarrverband verändert Satzung

Ende September 2023 ist Martin Michaelis zudem aus dem Vorstand des Verbandes evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland ausgeschieden. Der Verband ist die Dachorganisation der 20 bestehenden regionalen Pfarrvereine.

Laut dem Verband stand Michaelis nicht wieder zur Wahl. Zudem hat der Verband eine neue Satzung erarbeitet, die die Mitgliederversammlung im September verabschiedet hat. Zukünftig dürfen in den Verbandvorstand nur noch Mitglieder gewählt werden, die auch dem Vorstand eines regionalen Pfarrvereins angehören. Sofern sie aus dem Vorstand des regionalen Pfarrvereins ausscheiden, müssten sie künftig auch den Verbandsvorstand verlassen.

Hätte diese Regelung bereits gegolten, hätte Martin Michaelis den Verbandsvorstand bereits nach der Abwahl im Thüringer Pfarrverein im Frühjahr 2022 verlassen müssen.«


Man wird wohl ähnlich vorgegangen sein wie der empörte Bürgermeister von Steinach/Sonneberg nach der Demonstration, der so sprach:

»Ich kenne die, möglicherweise, höchst unterschiedlichen Motive der Teilnehmenden nicht. Sie sind weder zu rechtfertigen noch zu verstehen. Sicher, es ist nicht einfach, aus der Fülle von Informationen und Desinformationen, die uns täglich erreichen, Wichtiges und Unwichtiges, Richtiges und Unrichtiges zu filtern. Aber wer unsicher ist, kann sich an vielen zuverlässigen Quellen selbst informieren oder Rat einholen.«
insuedthueringen.de (9.12.21)

 

Update: Das Erscheinungsdatum des mdr-Beitrags war hier ursprünglich falsch angegeben. Danke für den korrigierenden Hinweis!

9 Antworten auf „Evangelische Kirche in Mitteldeutschland "verfolgt Aktivitäten des Querdenker-Pfarrers aufmerksam"“

  1. Vorschlag für eine theo­lo­gi­sche Doktorarbeit:
    "Jesus und Luther als Querdenker – und Kreuzigungsgefahren aus heu­ti­ger Sicht" …

  2. Jetzt rächt es sich, daß die Lutheraner den Posten 'Papst' abschaff­ten. Dadurch hat nie­mand mehr die Autorität, ein­fach eine Verbrennung der Impfketzer anzuordnen.

  3. Eine eige­ne Meinung zu haben gehört ver­bo­ten, ins­be­son­de­re wenn sie rich­tig sein könnte.
    aus "Die Diktatur der Ahnungslosen", Mainz, 2020

  4. Martin Michaelis ist auch einer der Helden. Mal sehen, wann es die evan­ge­li­sche Kirche erkennt. Ihr Hinweis auf die Ku-Klux-Klan-Ästhetik passt. Wurde wohl bewusst so aus­ge­wählt. Das zwei­te Foto hät­te wohl die Leser zwei­feln las­sen: Und das sol­len die fin­ste­ren Rechtsextreme sein?

    Ich erin­ne­re mich an einen ganz üblen Schnitt in Tagesthemen oder heu­te-Journal. Da ging es um eine Querdenker-Demo in Hamburg. Der Text aus dem Off: "radi­ka­le Querdenker und fried­li­che Gegendemonstranten". Als die Querdenker erwähnt wur­den, wur­den voll­ver­mumm­te Antifa-Leute (die Aufmachung ist schon hoch aggres­siv) gezeigt. Also die fried­li­chen Gegendemonstranten erwäht wur­den, sah man ein paar Frauen: 50 – 60 Jahre alt, in Regenjacke und mit Rucksäcken. Nun bin ich mir ziem­lich sicher, dass das die eigent­li­chen Demonstranten, also Querdenker waren. Man kennt ja die­se Leute, wenn man nicht selbst an den Demos teil­ge­nom­men hat, von den Reitschuster-Livestreams. Ganz nor­ma­le, unauf­fäl­li­ge Leute, die man ger­ne als Nachbarn hät­te. So wie im hel­len Bild. Die ver­mö­gen­de und modi­sche Frau vom Prenzlauer Berg (die grün wählt und täg­lich ihren Soja Latte trinkt) rümpft natür­lich ihre Nase über sol­che Leute in Regenjacken, aber es Vertreter des ein­fa­chen Volkes, das im Übrigen bei der Bewertung der Lage viel bes­ser abschnitt als unse­re aka­de­mi­sche und poli­ti­sche Klasse.

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